„Selam, ich gut Arbeit, nix Pause“

Das waren die ersten Worte meiner Großeltern, als sie Anfang der 1970er Jahre bei Otis als normale Fließbandarbeiter angefangen haben. Mittlerweile genießen sie ihre wohlverdiente Rente.

Bei meinen Eltern sah die Berufsorientierung wieder anders aus, während mein Vater Kfz-Mechaniker wurde, organisierte meine Mutter Termine im Krankenhaus als Arzthelferin.

Und ich ? Naja, ich war der erste der Familie, der sein Abitur machen durfte und angefangen hat Geschichte und Philosophie zu studieren.

Mittlerweile bin ich als pädagogischer Einzelfallhelfer in einer Oberschule tätig und bereite mich auf mein zukünftiges Pädagogikstudium vor.

Ein Gastarbeiter:innenkind der 3. Generation.

Von „Multi-Kulti“, Islamophobie, Diskriminierung oder Rassismus braucht man mir oder meiner Familie leider nichts zu erzählen.

Es gibt leider niemanden, der es nicht erlebt hat.

Aufgewachsen im sozialen Brennpunkt, aber doch wunderschönen Märkischen Viertel, das Abitur im versnobten und spießigen Berlin-Tegel gemacht und Wurzeln im fast schon kleinbürgerlichen Oranienburg geschlagen.

Hier lebe ich, hier will ich bleiben.

Doch nicht jeder gönnt mir oder meiner Familie dies.

Von Sprüchen wie: „Naja, dir hört man deinen Akzent schon an“ über „wie ist denn das bei euch Ausländern so ?“ Bis hin zu „Du bist doch eigentlich deutsch, Dir passiert ja nichts“ ( wie auch immer das gemeint war ), ist das leider noch nicht die Krönung an purem Rassismus den man erlebt.

Auch Freunde mit Migrationshintergrund können davon ein Lied singen: „Naja ich weiß ja nicht, ob du für den Deutschleistungskurs geeignet bist“. Warum eigentlich nicht ? Sie ist nicht nur eine gute Freundin gewesen, sondern war auch eine sehr gute Schülerin, auch in dem Fach Deutsch. Der einzige mögliche Haken? Sie war Türkin. Das war wahrscheinlich wohl auch der einzige Grund der damaligen Lehrerin.

Während mein Vater noch mit anderen ähnlich aussehenden Kindern in eine Klasse gesteckt wurde, weil man dort ja deren Sprache sprechen konnte ( schwierig als Ex-Jugoslawe unter Türkin*innen, Spanier*innen oder Griech*innen ) konnte ich mir meinen Bildungsweg selbst aussuchen, auch wenn mit Hindernissen, da entweder der Name nicht auszusprechen war oder meine Eltern eben keine Akademiker*innen waren. Trotzdem habe ich der Bildungs-und Migrationspolitik der SPD Regierungen einiges zu verdanken.

Dass wir eben nicht irgendwelche Arbeitskräfte, sondern Menschen sind.

Und aus Dankbarkeit und dank Martin Schulz bin ich endgültig Sozialdemokrat geworden.

Ich fühle mich irgendwie verpflichtet dieser Partei meine Dankbarkeit spüren zu lassen und ihr etwas zurückzugeben.

Für mich sieht das folgendermaßen aus, dass ich mich eben politisch und gesellschaftlich einsetze.

Für gleiche Rechte, gleiche Bildungschancen, für Anerkennung, gegen Diskriminierung der Geschlechter, Herkünfte und Religionen, für ein gerechteres Deutschland, für ein besseres Leben aller Menschen, welche in Deutschland ihr zu Hause gefunden haben.

Für Dinge wie Antisemitismus, Antiziganismus, Islamophobie, Homophobie, Chauvinismus oder Rassismus, ist kein Platz mehr in dieser mittlerweile modernen und fortschrittlichen Gesellschaft und gehört ausgegrenzt.

Auch in der Pandemie habe ich nochmals lernen dürfen wie viel Ungleichheit doch noch bei uns herrscht. Musik und Kultur gehören nicht nur zu meinen passionierten Hobbys, sondern sind für mich auch wichtige Bestandteile in meinem Leben geworden.

Diese Vorurteile herrschten ja schon vorher, aber die Pandemie zeigte mir noch mal wie wenig Wertschätzung es dafür eigentlich gibt.

Man isst ja nur irgendein „Unterhalte-mich-jetzt-bitte-Mensch“ aber dass dort Fleiß, Arbeit und auch ein gewisses Handwerk mit dazu gehören, erkennen die wenigsten an.

Am Ende fallen dann auch noch Sätze wie: „Such Dir mal einen richtigen Job“

Dass dieser aber eventuell der richtige Job für einen persönlich ist, ist in den meisten Fällen inakzeptabel und wird möglicherweise noch belächelt.

Die Kulturbranche ist Bestandteil unserer menschlichen Kultur, dass diese teilweise bespuckt wird, sehen die wenigsten.

Wie gesagt, am Ende ist man der Clown, der jetzt für Stimmung sorgen soll. Was jedoch beispielsweise auf einer Bühne für eine Leistung passiert, ist jedoch egal.

Und wehe, die Künstler*in verlangt mehr als einen Appel und ein Ei.

Deswegen sind Mindestlöhne in Verträgen für Künstler*innen und Musiker*innen, welche meistens selbstständig sind, dringend nötig.

Dazu sollte es Förderungen für Künstlergewerkschaften geben.

Der Zukunft zugewandt

Murris Hadzic